E-Commerce: EU-Verbraucherrecht macht es Händlern recht

Gerne lässt man sich an einem verregneten Sonntag dazu hinreißen das ein oder andere Online-Schnäppchen mit einem einfachen Klick zu ordern. Schon am Dienstag ist die Euphorie dann aber verflogen, wenn der gewünschte Artikel so gar nicht der eigenen Vorstellung entspricht. Wie es sich mit dem Widerruf und den anschließenden Retourkosten verhält, hat der Gesetzgeber im Juni 2014 neu normiert: Grundsätzlich wird nun der Kunden zur Kasse gebeten. Doch die Realität hat Erbarmen.
Die Gesetzeslage in Kürze: Das deutsche Widerrufsrecht ist im Juni auf Grundlage einer EU-Verbraucherrichtlinie harmonisiert worden, sodass im Grundsatz (gemäß § 357 Abs. 6 BGB) der Kunde – nachdem er den Widerruf binnen 14 Tagen ausdrücklich erklärt hat – die Kosten der Rücksendung übernimmt, wenn der Online-Händler vorab auf die beidseitigen Pflichten im Widerrufsfalle hingewiesen und nicht die eigenhändige Kostendeckung zugesagt hat.

Statistik Ruecksendekosten Bernd Fuhlert

Kulant und kostentolerant
Für die Fälle der Lieferung falscher, fehlerhafter oder beschädigter Ware gilt nach wie vor: Der Ver-käufer zahlt die Retour. Wie eine umfassende Befragung durch das unabhängige Verbraucherportal Vergleich.org ergab, berechnen 76 der 100 populärsten deutschen Online-Shops aber auch in sonstigen Retourfällen keine Versandkosten, darunter überwiegend E-Commerce-Spezialisten wie Asos und Zalando, aber auch gestandene Offliner wie Lidl und Saturn.
Dem Kunden wird lediglich eine ausdrückliche Widerrufserklärung abverlangt. Doch auch diesen Schritt gehen viele Shops auf den Kunden zu: entsprechende Vordrucke, ein Telefon- oder E-Mail-Service erleichtern das Prozedere bei nichtgefallender Ware.

Groß, aber nicht großzügig
Nicht aber jeder Versandriese leistet sich diese Großzügigkeit: Die goldene Brücke des Gesetzgebers zur Umwälzung der Kosten auf den Kunden haben beispielsweise Thalia und IKEA direkt genutzt.
Immerhin 11 % der befragten Unternehmen belassen es bei der Warenwertgrenze und befreien den Kunden von der Rücksendekostentragung für Waren über 40 EUR. So hält es auch Amazon: Für Bestellungen unter 40 EUR werden bis zu 3,50 EUR Rücksendeporto veranschlagt. Eine Ausnahme gilt nur bei Artikeln der Kategorien Bekleidung, Schuhe und Handtaschen.
Einfacher, aber nicht unbedingt im Sinne des Kunden handhaben es beispielsweise Westwing und Sportscheck: Die Versender übernehmen das Rückporto nur für den Fall, dass alle Artikel einer Bestellung retourniert werden.

Prognose
Angesichts der Tatsache, dass im Mode Online Versand gut jedes zweite Paket zurückgeht, ist die gesetzgeberische Entscheidung für die Aufhebung der Warenwertgrenze und die Möglichkeit der Kostenübertragung auf den Kunden sinnvoll. In der Praxis zeigt sich jedoch: der Kunde hat immer eine bessere Wahl.
Der Druck auf kostenbewusste Unternehmen steigt, denn der Wettbewerb ist groß: Unter 76 absolut kunden- und service-orientierten Versenders wird der unentschlossene Shopaholic sicher fündig. Darum ist es auch über ein Jahr nach der Gesetzesänderung noch möglich, dass sich weitere Online-Shops der Retour-Wende anschließen.

Kostenloser Rueckversand Bernd Fuhlert

Der Vollständigkeit halber möchten wir erwähnen, dass im Rahmen der Online Shop-Umfrage sämtliche Infor-mationen zu Widerruf und Retour durch die Unternehmen selbst zur Verfügung gestellt, bzw. anhand ihrer AGB zusammengetragen worden sind. Für die Aktualität der jeweiligen Daten bieten wir daher keine Gewähr.

Über den Autor:
Robin Schulz ist Redakteur beim Verbraucherportal Vergleich.org, das sich auf umfassende Kaufberatung für Produkte sowie Dienstleistungen des täglichen Bedarfs spezialisiert hat. Kostenlose Ratgeber und Vergleichsta-bellen helfen Lesern, kleine und große Kaufentscheidungen richtig zu treffen. Damit erreicht das Team aus erfahrenen Journalisten monatlich über 1.350.000 Konsumenten (Stand: Juni 2015). Herausgeber von Ver-gleich.org ist die VGL Verlagsgesellschaft mit Sitz in Berlin.

Über Bernd Fuhlert

Bernd Fuhlert betreibt den Verbraucherschutz Blog, um Verbrauchern im alltäglichen Umgang mit dem Internet in Fragen rund um Social Media, Datenschutz und Privatsphäre zur Seite zu stehen. Durch seine langjährige Erfahrung und seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Revolvermänner GmbH ist er seit Jahren in den Bereichen Social Media, Datenschutz und Haftungsmanagement für seine Kunden tätig. Bernd Fuhlert freut sich über eine rege Diskussion in den Kommentaren seiner Blogartikel und nimmt auch gern Themenvorschläge entgegen.
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